Kopf- und Augenschutz
Kopfschutz
Stand: 2018, Bearbeiter: (bl)
Helme
Über Jahrzehnte wurde in Deutschland der DIN-Helm aus Metall genutzt, als universeller Kopfschutz im Feuerwehrdienst. Die Norm DIN 14940 (1985) wurde jedoch im Jahr 1997 zurückgezogen und von der EN 443 abgelöst. Eine erneute Überarbeitung der Norm erfolgte zuletzt im Jahr 2008. Die EN 443:2008 stellt seitdem den aktuellen Stand der Technik für Helme im Innenangriff dar. Die Normung ermöglicht auch weiterhin zwei Helmtypen: Typ A (Halbschalenhelm) und Typ B (Vollschalenhelm). Aus Sicht von Atemschutzunfaelle.eu bietet der Halbschalenhelm sicherheitstechnisch kein Risiko. Atemschutzunfaelle.eu verweist in diesem Zusammenhang auf die Notwendigkeit einer guten Feuerschutzhaube und empfiehlt grundsätzlich Atemschutzmasken mit Bebänderung.
Für die unterschiedlichen Verwendungszwecke bietet die Europäische Normung seit 2014 Antworten:
- EN 443:2008 - Feuerwehrhelme für die Brandbekämpfung in Gebäuden und anderen baulichen Anlagen
- EN 16473:2014 - Feuerwehrhelme - Helme für technische Rettung
- EN 16471:2014 - Feuerwehrhelme - Helme für Wald- und Flächenbrandbekämpfung
Leichte Helme (EN 16471/3) sind vor allem in Südeuropa schon lange weit verbreitet. Die aktuellen Normen wurden 2015 für den deutschsprachigen Raum harmonisiert, z.B. in Österreich und Deutschland.
Die individuelle Gefährdungsbeurteilung ermöglicht heute eine präzise Helmauswahl. Wer kein Atemschutzgeräteträger ist, kann auf den eher schweren und hochpreisigen Helm gem. EN 443 verzichten. Hersteller bieten komfortable Helme an, die sowohl den Anforderungen der EN 16473 als auch der EN 16471 entsprechen. Für den Verkehrsunfall, Rettungsdienst oder Außenangriff ist ein leichter Helm sicherlich vollkommen ausreichend.
Bei der Auswahl der Helme sind grundsätzliche Aspekte zu beachten: Bedienbarkeit von Kinnriemen und Kopfweiteneinstellung, Reinigungsmöglichkeiten, Beweglichkeit etc.. Zudem ist die Adaption von Zubehör von großer Bedeutung, z.B. eine dichtschließende Brille als Augenschutz gem. EN 166, die u.a. gegen Infektionen, Splitter und Stäube schützt.
Ein universeller Helm, der für alle Verwendungszwecke grundsätzlich geeignet scheint, führt zu Kompromissen. Viele Feuerwehren nutzen seit Jahren unterschiedliche Handschuhe für die jeweiligen Einsatzzwecke: ein Paar für die Technische Hilfeleistung, ein Paar zur Brandbekämpfung. Dieses Konzept funktioniert sehr gut und ist auf den Kopf- und Augenschutz durchaus übertragbar.
Beispiele:
Die Feuerwehr Haarlem (Niederlande) hat für ihre Berufsfeuerwehrangehörigen persönliche Helme gem. EN 443 ausgegeben. Für die Technische Hilfeleistung stehen auf jedem Hilfeleistungslöschfahrzeug Helme entsprechend EN 16471/3 mit Brillen zur Verfügung.
Die Provinz Alicante (Spanien) stellt jedem Feuerwehrangehörigen eine umfangreiche Persönliche Schutzausrüstung zur Verfügung. Die PSA wird bei Dienstantritt bereitgelegt und in einer Tasche auf dem Fahrzeug mitgeführt:
- Schutzkleidung Techn. Hilfe/Vegetationsbrand + Helm (EN 16471/3) mit Brille, leichte Schnürstiefel, TH-Handschuhe UND Waldbrand-Handschuhe
- Schutzkleidung Innenbrandbekämpfung + Helm (EN 443), Schlupfstiefel, Feuerschutzhaube, Handschuhe
- FFP3-Maske
- Absturzsicherung
- Leine
Für den 24h-Dienst werden Handfunkgerät, Helm- und L-Lampe persönlich in Empfang genommen.
Rückblick auf die Jahre um die Jahrtausendwende
Die ersten Helme gem. EN 443 waren tragischerweise nicht auf Temperaturbelastbarkeit geprüft, was zu Beinaheunfällen führte. Darauf folgend initiierte die damalige Bundesunfallkasse einen umfangreichen Helmtest. Daraus resultierten zudem Erkenntnisse zum DIN-Helm, dessen Besonderheiten an dieser Stelle kurz betrachtet werden (Stand 2002!):
- DIN-Helme mit Lederpolster dürfen seit 1968 in der Feuerwehr nicht mehr getragen werden
- DIN-Helme mit Kunststoffeinsätzen dürfen nicht bei der unmittelbaren Brandbekämpfung getragen werden. Helme nach EN 443 aus Textil-Phenol-Kunstharz ebenfalls nicht (vgl. Helmprobleme)
- DIN-Helme mit Gewebetragband wurden 2002 als bedingt einsetzbar eingestuft:
- Hohe Wärmeleitfähigkeit (Metall)
- Elektrische Leitfähigkeit (Metall)
- Schlechtere Stoßdämpfungseigenschaften (EN 443 < 15KN, DIN-Helm > 25KN!)
- Schlechtere Durchdringungsfestigkeit
- Kein Schutz vor herabtropfendem, flüssigem Metall, da sie durch ihre Wärmeleitfähigkeit sofort die Temperatur der Metallschmelze annehmen und selbst durchschmelzen.
Feuerschutzhaube
Eine Feuerschutzhaube muss freie Hautbereiche schützen, welche nicht durch Maske, Kragen oder Helm bedeckt werden.
Für jeden Atemschutzgeräteträger bzw. für jede Maske muss eine Haube (plus Reservepool) vorgehalten werden. Beim Kauf ist darauf zu achten, dass die Hauben einen flexiblen Gesichtsausschnitt und einen "weiten Hals" bzw. Latz bieten (siehe Bild). Feuerschutzhauben sind mit Einführung der EN 13911 auch in Europa genormt.
Nicht immer wird der Verschluss von Kragen, Haube und Tuch sorgfältig genug ausgeführt. Bereits auf der Anfahrt (Atemschutzgerät im Mannschaftsraum) sollte der gegenübersitzende FA den richtigen Sitz der Schutzkleidung überprüfen. Dazu gehört auch die Hilfestellung beim Ausrüsten mit Funk, Lampe etc.. Diese Sorgfalt muss auch bei Einsatzübungen trainiert werden, um im Einsatz zu funktionieren. Bei jeder Feuermeldung (Brandmeldeanlage, PKW-Brand, Verdächtiger Rauch...) sollte der komplette Schutz angelegt werden, so ist der bestmögliche Schutz geboten und eine gewisse Routine durch Standardprozeduren kann sich einspielen.
Bildquelle: Domke, Jürgen. Universelle Feuerschutzkleidung für die öffentlichen Feuerwehren. Hintergründe, Entwicklungen, Leistungsmerkmale im Überblick, BRANDSchutz/Deutsche Feuerwehr-Zeitung 2/1998, Seiten 133 bis 159.
Norm-Entwurf für Feuerschutzhauben in der Kritik
Mit grosser Besorgnis beobachteten wir die Überarbeitung der Norm für Feuerschutzhauben. Die EN 13911 "Feuerschutzhauben für die Feuerwehr" befindet sich seit einiger Zeit in der planmäßigen Überarbeitung. Der zweite Entwurf (prEN 13911:2014) wurde Anfang 2015 beim DIN veröffentlicht und konnte von der interessierten Öffentlichkeit eingesehen und kommentiert werden.
Hinsichtlich der Wärmedurchgänge beschreibt auch dieser Entwurf (wie schon die aktuell gültige Norm, EN 13911:2004) ein Schutzniveau welches deutlich, teilweise sogar dramatisch unter dem anderer, gleichzeitig getragener PSA wie Feuerwehrschutzanzug nach EN 469 oder Feuerwehrschutzhandschuhe nach EN 659 liegt. Bei den genannten PSA werden - in identischen Prüfverfahren, basierend auf den gleichen Prüfnormen jeweils zwei Wärmedurchgänge gemessen: direkter Flammkontakt und Wärmestrahlung. Dabei werden die Zeiten ermittelt, nach der es auf der abgewandten Seite (im Kleidungsstück: zur zum Körper hin) zu Temperaturanstiegen von 12 bzw. 24°C kommt. Diese Werte werden als HTI (Heat Transfer Index) bzw. RHTI (Radiant Heat Transfer Index) bezeichnet. Die Gradzahl wird jeweils ergänzt, also HTI12, HTI24, RHTI12 und RHTI24. Ein Temperaturanstieg von 12°C auf der Haut wird als Schmerz wahrgenommen. Bei einem Temperaturanstieg von 24°C auf der Haut muss mit Verbrennungen zweiten Grades gerechnet werden. Wenn man jetzt also die Werte für 12 und 24° Temperaturanstieg kennt, so weiß man...
- a) nach welcher Zeit mit schweren Verletzungen zu rechnen ist (HTI24 / RHTI24)
- b) wie viel Zeit einem Feuerwehrmann nach einem ersten Schmerzempfinden verbleibt, um sich durch Flucht / Rückzug der Gefahr schwerer Verbrennungen zu entziehen (HTI24-HTI12 bzw. RHTI24-RHTI12).
Bei direktem Flammkontakt (HTI) sind dies sowohl in der aktuellen EN 13911:2004 wie auch im neuesten Entwurf (prEN 13911:2014) 8 Sekunden (HTI24) bzw. 3 Sekunden (HTI24-HTI12). Das ist damit weniger als in der Leistungsstufe 1 der EN 469 und sehr viel weniger als in der Leistungsstufe 2 der EN 469. Zum Vergleich: Bei einlagiger Kleidung nach HuPF 2/3 liegt der HTI24-Wert bei 5 Sekunden. Richtig problematisch ist der Wärmedurchgang bei Wärmestrahlung (RHTI): Hier liegen die reinen Zahlenwerte mit 11 / 3 Sekunden auf dem Niveau einer Lst. 1 nach EN 469 (10 / 3 Sekunden), aber deutlich unter denen der Lst. 2 (18 / 4 Sekunden). Das richtig große Problem ist aber, dass - sowohl in der aktuell gültigen Norm wie auch im Entwurf - mit einer reduzierten Wärmestromdichte von nur 20 kW/m² gemessen wird, Feuerschutzkleidung nach EN 469 und Feuerwehrschutzhandschuhe nach EN 659 hingegen mit 40 kW/m²! Das heisst, dass die zu erbringenden Werte unterhalb deren von Schutzanzug und -handschuhen liegen und das obwohl ohnehin nur mit der Hälfte der Wärmestromdichte geprüft wird! Faktisch liegen die Anforderungen an den RHTI mit 11 / 3 Sekunden bei 20 kW/m² exakt auf dem Niveau einlagiger Hosen nach HuPF 2!
Im Klartext: Das, was niemand als Schutzanzug im Innenangriff tragen würde (es sei denn er ist Anhänger irgendwelcher obskuren Wärmefenster-Theorien), trägt jeder von uns als Schutz von Hals und Gesicht! Im Regelfall nicht, weil man das als ausreichend erachtet, sondern weil der Umstand, dass das Schutzniveau von EN 13911 deutlich niedriger ist als das von EN 469 und EN 659, gar nicht bekannt ist. Es wird geglaubt, dass Schutzausrüstung, die zusammen getragen wird, vom gleichen Feuerwehrmann im gleichen Einsatz, auch das gleiche Schutzniveau bietet.
Die logische Konsequenz sollte sein, dass die Leistungswerte an die Werte der EN 469 bzw. EN 659 angepasst werden. Zum Vergleich der PSA beachten Sie bitte die folgende Tabelle:
Quelle: Christian Pannier
Um den Schutz zu verbessern empfehlen wir Ihnen zwei Optionen:
Hochwertige Feuerschutzhauben beschaffen
Achten Sie bei der Beschaffung auf hochwertige Feuerschutzhauben. Fordern Sie die Werte aus der EN 469, für den Wärmedurchgang und die Strahlung (geprüft bei 40 kW/m²). Ausschreibungstechnisch ist es übrigens durchaus legal strengere Werte zu fordern als im Normenwerk gefordert wird.
Einspruch einlegen
Wir hoffen das möglichst viele Beschaffer und Anwender einen Einspruch zur prEN 13911:2014 eingelegt haben. Der Entwurf war zur Stellungnahme durch die Öffentlichkeit unter www.entwuerfe.din.de einsehbar und konnte dort auch kommentiert werden. Atemschutzunfaelle.eu hat diese Möglichkeit ebenfalls wahrgenommen.
Augenschutz
Im unmittelbaren Brandstellenbereich wird dem Augenschutz mit dem getragenen Atemanschluss ausreichend Rechnung getragen. Ein Visier ist nicht nötig, sondern eher hinderlich. In der Realbrandausbildung und bei Einsätzen mit hohen Temperaturen (Tiefgarage, Keller...) schmolzen schon mehrfach Visiere, wodurch neben Materialschäden auch massiver Stress durch Sichtbehinderung entstand. Visiere haben im Atemschutzeinsatz daher nichts verloren, solange keine hohe Temperaturbeständigkeit vorliegt.
Es gibt Feuerwehren die ihren Gesichtsschutz (Visiere) und Augenschutz (Brillen) grundsätzlich im Fahrzeug vorhalten. Auf einer Anfahrt zu einer techn. Hilfeleistung hat jeder ausreichend Zeit seinen Augen- und Gesichtsschutz vorzubereiten. Welche PSA getragen werden muss, wird im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung festgestellt.
Insbesondere für die Vegetationsbrandbekämpfung sind in Kombination mit einer FFP3-Maske (mit Ausatemventil), dichtschließende Schutzbrillen empfehlenswert.
Für Arbeiten mit der Kettensäge empfiehlt sich auch weiterhin der Einsatz von Forstarbeiterhelmen (Gesichts- und Gehörschutz).