Unfallbericht für das Großherzogtum Luxemburg (Verletzung in der Realbrandausbildung)
(bl) Mertert-Wasserbillig (Luxemburg). Im Rahmen einer Realbrandausbildung kam es am 15. Juni 2019 zu einer Verbrühung zweiten Grades an einer Hand.
Nach der Reformierung des Feuerwehrwesens in Luxemburg, entstand das Corps grand-ducal d'incendie et de secours (CGDIS). Wie im Gesetz vom 27. März 2018 vorgesehen, wurde die Direction médicale et de la santé vom Generaldirektor mit der Koordination der Erfassung, der Begleitung und der Aufarbeitung des Unfalls beauftragt. Wenige Tage nach dem Unfallereignis beauftragte das CGDIS Atemschutzunfaelle.eu als externen Dienstleister. Ziel war die sicherheitswissenschaftliche Unfallanalyse und die Erarbeitung der zu ziehenden Lehren.
Bereits am 28./29. Juni 2019 wurde ein Vor-Ort-Termin mit Atemschutzunfaelle.eu organisiert. Neben der Sichtung sämtlicher Dokumente (Unfallbericht, Zwischenfallregister, Ausbildungskonzepte etc.) wurden für die Rekonstruktion des Unfalltages Gespräche in der Gruppe und Einzelinterviews mit Instruktoren, dem Unfallopfer sowie den Teilnehmern geführt. Im Anschluss erfolgte die Inaugenscheinnahme des Unfallortes sowie der beschädigten Schutzausrüstung. Mit der TRIPOD-Methodik wurden im Nachgang Unfallursachen und fehlende bzw. unwirksame Barrieren identifiziert. Aus dieser Analyse wurden Maßnahmen abgeleitet, wie künftig derartige und ähnliche Unfälle vermieden werden können. Der Report wurde dem CGDIS am 24./25. Januar 2020 überreicht. An zwei Terminen wurden dem Unfallopfer, den Teilnehmern, den Realbrandausbildern, dem Chef der Ausbildung, den Offizieren im operativen Einsatzdienst und der Direktion des CGDIS der umfangreiche Unfallbericht präsentiert. Anschließend spiegelten die Verantwortlichen den aktuellen Stand und Möglichkeiten zur Verbesserung der Arbeitssicherheit.
Zusammenfassung:
Zum Abschluss einer Realbrandausbildung wurde eine kurze Demonstration der Wasserdampfausbreitung durchgeführt. Ein Trainer gab im Erdgeschoss für wenige Sekunden Wasser auf die Brandstelle. Durch Einwirkung von Wasserdampf zog sich ein Feuerwehrangehöriger im Obergeschoss der zweigeschossigen Anlage Verbrühungen 2. Grades an Handrücken und Handfläche der linken Hand zu. Der Verletzte trug einen 15 Jahre alten Schutzhandschuh, der als Reservehandschuh mitgeführt wurde. Der eigentlich vorgesehene Handschuh war aufgrund der vorangegangenen Durchgänge durchnässt und wurde daher gewechselt.
Empfohlene Maßnahmen:
- Erstellung von Gefährdungsbeurteilungen für alle zukünftig noch genutzten Ausbildungsszenarien
- Unterlassung der unfallursächlichen Demonstration zur Wirkung von Wasserdampf im Rahmen der Realbrandausbildung
- Schaffung eines Pools an Persönlicher Schutzausrüstung für die Realbrandausbildung
- Etablierung eines landesweiten Systems zur Überwachung und Aussonderung von PSA bei Erreichen von Alters- und Leistungsgrenzen, inkl. hygienischer Reinigung
- Verbesserung der rettungsdienstlichen Absicherung der Realbrandausbildung
Darüber hinaus wurden weitere Maßnahmen allgemeiner Natur vorgeschlagen:
- Persönlicher Atemschutznachweis
- Medizinisch überwachte Pausen während Einsätzen und Übungen
- Ponchos zum Schutz von PSA und Atemschutztechnik
- Etablierung der Funktion „Sicherheitsassistent“ im Einsatz- und Übungsdienst
Einige Maßnahmen wurden in Teilen bereits in einem DEKRA-Gutachten zum technischen Betrieb der RAGTAL (Regionale Atemschutzgeräteträger-Ausbildungsanlage Luxemburg) beschrieben, eine entsprechende Synopse enthält der Unfallbericht. Abschließend bleibt festzuhalten, dass mit der hier gewählten Form der Unfallaufbereitung das CGDIS vorbildlich gehandelt hat. Das CGDIS kann mit der Umsetzung der empfohlenen Maßnahmen die bestmöglichen Konsequenzen aus diesem Unfall ziehen.
Aktuelle Planungen im CGDIS:
- Überarbeitung der Ausbildungsstandards und deren konsequente Einhaltung
- Beschaffung, Pflege, Kontrolle und Aussonderung von PSA für die Realbrandausbildung (für Instruktoren und Teilnehmer)
- Zentrale Beschaffung eines geeigneten Handschuh für das gesamte Land Luxemburg
- Verbesserung der Infrastruktur an der betroffenen Anlage
- Temperatursensoren für die Anlagenteile
- Flächendeckende Einführung eines einheitlichen Atemschutznachweises
Anmerkung: Wir bitten um Verständnis, dass der Unfallbericht nicht mit allen Details veröffentlicht werden kann.
Quelle: Unfallbericht, erstellt durch Atemschutzunfaelle.eu im Auftrag des Corps grand-ducal d'incendie et de secours