Beinaheunfälle im Jahr 2023
(6 Zwischenfälle)
Hinweis: in der Statistik sind auch Unfälle enthalten die bisher nicht veröffentlicht wurden. Daher kann es vorkommen, dass die Gesamtzahl der betroffenen FA die Summe der in den Berichten erwähnten übersteigt.
(bl) Bei der jährlichen Belastungsübung rüstete sich ein Zwei-Mann-Trupp aus und führte die Einsatzkurzprüfung durch. Anschließend ging der Trupp in die Übungsstrecke vor. In der Strecke ereignete sich dabei ein Zwischenfall: An dem Gerät eines Kameraden war die Restdruckwarnung für sehr kurze Zeit zu hören, anschließend riss sich der Kamerad die Maske vom Gesicht.
Das Flaschenventil (gerade, "dreieckiges" Handrad) hatte sich unbeabsichtigt in der Strecke geschlossen. Ein Reflexgriff zum Flaschenventil hat nicht stattgefunden. Wie im Nachgespräch zu erfahren war, öffnete der Kamerad bei der Einsatzkurzprüfung das Flaschenventil vollständig und drehte dieses anschließend eine halbe Umdrehung zurück.
(bl) Im Rahmen der Belastungsübung kam es zu einem kritischen Ereignis in der Kriechstrecke. Der zwote Trupp holte zum Ende hin den ersten Trupp ein. Auf einmal zog sich der Truppmann des zwoten Trupps die Maske vom Kopf, da er laut eigener Aussage keine Luft mehr bekam. Es stellte sich heraus das sich seine Flasche zugedreht hatte (dreieckiges Flaschenventil). Der Kamerad war erst seit kurzer Zeit Atemschutzgeräteträger. Nach Befragung stellte sich heraus, dass er den Reflexgriff nicht durchgeführt hatte und es im Rahmen seines Lehrgangs auch nur angesprochen wurde (kein Training).
(bl) Zum Ende einer Belastungsübung kam es zu einem kritischen Ereignis in der Strecke. Der Truppführer steckte mit seiner Flasche in einem Mannloch fest und entwickelte Panik. Der Truppmann konnte beruhigend auf den Truppführer einreden und die Situation entspannen. Der Truppführer konnte sich daraufhin selbst aus der Zwangslage befreien. Beide Kameraden sind erfahrene Feuerwehrmänner.
(bl) Oldenburg (Niedersachsen). Im März ereignete sich ein kritischer Zwischenfall bei einer Brandbekämpfung mit Innenangriff im Zusammenhang mit einem Atemschutzgerät. Beim Brandobjekt handelte es sich um einen zweigeschossigen Anbau an eine Doppelhaushälfte (Bausubstanz aus den 1950er oder 1960er Jahren). Das Gebäude war von den Versorgungsunternehmen bereits vor längerer Zeit von den Netzen getrennt worden, im Gebäude erschwerte eine große Menge Unrat sowohl das Fortkommen, als auch die Erkundung und das Auffinden der Brandstelle. Während der Rauch sich im gesamten Gebäude verteilte, war das Feuer auf einen kleinen Bereich im Erdgeschoss beschränkt.
Der Trupp befand sich nach einer Erkundung im Obergeschoss auf dem Weg ins Erdgeschoss. Beim Begehen einer Treppe mit erheblicher Sichtbehinderung durch Rauch kam es zu einer Unterbrechung der Luftversorgung, sodass der Atemschutzgeräteträger am unteren Ende der Treppe keine Luft mehr bekam. Über einen zuvor erkundeten alternativen Ausgang gelangte der Trupp ins Freie. Aufgrund der einsetzenden Luftnot und des sehr kurzen Fluchtweges ins Freie (ca. 2 m und Ausgang in Sicht) wurde kein vollständiger Mayday-Spruch gem. 7.6 FwDV 7 vor der Selbstrettung abgesetzt, sondern der Fahrzeugführer unmittelbar nach Erreichen des sicheren Bereiches über den Vorfall informiert.
Obwohl kein Personenschaden entstanden war, wurde das Atemschutzgerät (bestehend aus Dräger PSS 7000, Lungenautomat PSS LA, Dräger CFK-Flasche mit Textilüberzug und Dreieckshandrad am Flaschenventil) umgehend in die Atemschutzwerkstatt gebracht und von zwei Atemschutzgerätewarten auf Mängel untersucht. Dabei wurden keine Anhaltspunkte gefunden, die auf ein technisches Versagen hindeuten. Das Gerät hat allen Anforderungen an Atemschutzgeräte für die Verwendung im Feuerwehreinsatz genügt und war gemäß einschlägiger Regelwerke geprüft. Am Gerät selbst wurden bei der Untersuchung nach dem Unfall frische Schleifspuren festgestellt, die sehr wahrscheinlich durch Kontakt mit den Wänden des Brandobjektes entstanden sind.
Die Befragung des Trägers ergab, dass das Ventil beim Verlassen des Gefahrenbereichs geschlossen war. Als wahrscheinliche Ursache für die Unterbrechung der Luftversorgung gilt daher, dass es beim Hinabsteigen der Treppe zu einem Kontakt zwischen Ventilrad und Wand gekommen ist, wobei sich das Ventil geschlossen hat. Unklar ist, ob das Ventil vor dem Betreten des Gefahrenbereichs vollständig geöffnet war. Auch Eisbildung im Bereich des Ventils mit einhergehender Querschnittsverengung wäre denkbar.
Quelle: Feuerwehr Oldenburg
(bl) Bleckede (Niedersachsen). Kurz vor Mitternacht wurde die Feuerwehr zu einem Zimmerbrand mit Menschengefährdung nach Alt Garge alarmiert. Die Lage für die ersten Einsatzkräfte war dramatisch: ausgedehnter Wohnungsbrand in einem Mehrfamilienhaus – mehrere Personen auf dem Balkon. Insgesamt wurden fünf Bewohner über Steckleitern gerettet und dem Rettungsdienst übergeben. Weitere Bewohner konnten sich selber in Sicherheit bringen.
Die folgenden Löscharbeiten gestalteten sich aufwändig. Die bei Nachlöscharbeiten auf dem Dach eingesetzten Atemschutzgeräteträger wurden über den Drehleiterkorb gesichert (siehe Bild). Die Erfordernis der Absturzsicherung wurde an diesem Tag bewiesen: Ein erfahrener Atemschutzgeräteträger brach durch die Zimmerdecke und wurde nach einem halben Meter Fall durch die Absturzsicherung aufgefangen. Der Sturz vom Dach in das darunterliegende Zimmer hätte vermutlich schwere Verletzungen zur Folge gehabt.
Der Gerätesatz Absturzsicherung ist seit einiger Zeit Bestandteil der Ausrüstung. Erst kürzlich wurde die Sicherung von Atemschutzgeräteträgern trainiert. Fazit: Die Investition von Zeit und Geld in die Absturzsicherung erhöht die Sicherheit enorm.
Weitere Informationen der Feuerwehr Bleckede:
Quelle: Feuerwehr Stadt Bleckede
(bl) Helmstedt (Niedersachsen). Die Ortsfeuerwehr Helmstedt wurde mit dem Löschzug am Freitag, den 11.08.2023 um 01:23 Uhr zu einem Wohnungsbrand in einem Mehrfamilienhaus alarmiert. Vor Ort bestätigte sich die Lage. Es brannten Einrichtungsgegenstände im Dachgeschoss eines zweistöckigen Wohngebäudes. Personen waren nicht mehr im Gebäude.
Der Angriffstrupp des ersteintrffenden Löschfahrzeuges ging unter der Vornahme einer C-Leitung durch den Treppenraum zur Brandbekämpfung in die Brandwohnung vor. Während der Brandbekämpfung löste sich der Lungenautomat des Truppführers vom Atemanschluss. Der Truppführer gab seinem Truppmann ein Zeichen und hielt die Luft an. Der Trupp verließ daraufhin geschlossen die Brandwohnung über ihren Angriffsweg. Eine Drehleiter stand zu diesem Zeitpunkt bereits als Anleiterbereitschaft bereit und der Trupp war über deren Position informiert.
Vor der Brandwohnung wurde der Lungenautomat sowie der Atemanschluss durch den Trupp kontrolliert. Beide waren technisch einwandfrei. Vermutlich wurde der Lungenautomat (Rundgewinde) beim Anschließen (Über Kreuz durch den Truppmann) schräg oder nicht komplett fest angeschlossen. Eine Kontrolle durch den Truppführer nach dem Anschließen erfolgte nicht. Der Truppführer schloss den Lungenautomat erneut an und der Trupp setzte seinen Einsatzauftrag fort.
Der Vorfall wurde im Einsatzbericht sowie prophylaktisch im Verbandbuch dokumentiert.
Pressebericht: presseportal.de
Quelle: Nikolas Walther, Ortsbrandmeister der Ortsfeuerwehr Helmstedt