- Realbrandausbildung - Luftnot

(ar) Wangen a. A. (Schweiz) - Nume no di letschti Bäbe! Unter diesem Titel veröffentlicht Ruedi Jungen, seit 1968 bei der Feuerwehr, ein Erlebnis in einer Realbrandausbildung.

Nach mehreren Übungseinsätzen in einem verwinkelten Kaltstollen folgten Übungen in einem zweistöckigen und ebenfalls verwinkelten Brandhaus. Mehrere Dummys mussten gesucht und gerettet werden. Trotz Absuchen durch mehrere Trupps fehlte noch die "letschti Bäbe". Auf Grund der 2 Stockwerkpläne vom Haus orientierten sich die Trupps gegenseitig über den möglichen Aufenthaltsort des letzten Dummy. Für alle war es bald klar, wo die liegen musste, kannten sie doch jetzt das Gebäude von den vorhergehenden Sucheinsätzen bereits recht gut. Es wurde beschlossen nochmals einen Absuchauftrag auszuführen und den letzten Dummy rauszuholen. Ein Dreiertrupp wurde zusammengestellt. Alle Männer waren wir mit dem Truppverbindungsseil, das sich selber aufrollt, zusammengebunden. Der niedrigste Flaschendruck lag bei 120 bar, auf Grund der angenommen Sicherheit über den Aufenthaltsort des letzten Dummy wurde dieser niedrige Wert hingenommen.

Trupp bespricht sich im Gebäude Noch vor Erreichen des Dummy ertönt der Restdruckwarner. Noch herrscht Ruhe, der betroffene Feuerwehrmann informiert seine Kollegen und per Funk den Truppüberwacher. Der Betroffene geht alleine zurück, ohne Panik durchkriecht er rückwärts eine Betonröhre. Er arbeitet schwer und zieht mehr Luft als gewöhnlich. Plötzlich kommt keine Luft mehr... Die Maske schließt sich eng um sein Gesicht. Die Flasche ist leer. Er versucht ruhig zu bleiben und zu flüchten. Nach kurzer Zeit bleibt er liegen und versucht dicht über dem Boden Luft zu ziehen und zerrt am Truppverbindungsseil, um seinen Trupp auf sich aufmerksam zu machen. Nachdem dieser Versuch scheiterte entschloss sich der Atemschutzgeräteträger sich von dem Truppverbindungsseil zu trennen.

Das einhängen der nach außen führenden Rettungsleine schafft er nicht mehr. Beim freien Bewegen verliert er die Rettungsleine aus den Händen. Da er jedoch ein helles Licht sieht, vermutet er den Ausgang und versucht unter Panik den Ausgang zu finden. Er hört etwas am Funk, kann jedoch nicht nach dem Gerät greifen. Inzwischen liegt er wieder am Boden und versucht Luft zu schnappen.

Erst jetzt kommt ein Truppkollege, zieht ihn durch dichteren Rauch und über eine Treppe nach unten und schließlich ins Freie.

Mit viel Glück ist der in Luftnot geratene Feuerwehrmann nicht zu Schaden gekommen. Er setzte sich dennoch hin und fragte sich warum die Luft so schnell weg war und warum seine Kollegen nicht schneller bei ihm waren. Er sagte sich dass dieser Beinaheunfall für die anderen Atemschutzgeräteträger aufgearbeitet werden muss und verfasste die ersten Erkenntnisse:

  1. 120 bar Luft sind zu knapp für einen Rettungseinsatz mit Absuchen unbekannter Räume
  2. Warum haben wir unterwegs nicht nochmals alle im Trupp den Flaschendruck kontrolliert?
  3. Weil ich so stark am Truppverbindungsseil zerrte, wurden meine Kameraden in der Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt, und konnten so gar nicht mehr zur Leiter kommen.
  4. Ich darf die Rettungsleine NIE NIE NIE verlieren. Meine Kameraden und ich sind dadurch absolut orientierungslos und verloren.
  5. Ist die Maske undicht, weil sie nicht genau auf das Gesicht passt, geht dadurch viel mehr Luft verloren. (Anmerkung: Es wurden Überdruck-PA verwendet)
  6. War ich zu müde für diesen letzten Einsatz? Mein Leistungstest war doch in Thun noch sehr gut?
  7. Sollten wir das nochmals miteinander besprechen? Möglicherweise den nicht direkt beteiligten AS Trägern erzählen?
  8. Nach Angaben von einem Truppkollegen hatte er mehrmals das Signalhorn benützt, um gegen außen Hilfe zu signalisieren. Hat das keiner gehört und reagiert? (Anmerkung: Das Signalhorn ist ein einfaches Horn mit Blasebalg das am Gerät fixiert ist. Es dient zur Kommunikation wenn der Funk ausfällt. Totmannwarngeräte werden zusätzlich eingesetzt)
  9. Ich danke allen Kameraden für die Hilfe, die sie mir entgegengebracht haben, und entschuldige mich für meine Fehler, die ich gemacht habe.

Den ausführlichen Bericht als PDF finden Sie in unserem Download-Bereich.

Quelle: Ruedi Jungen, www.wassersperre.ch.tt