Realitätsnahe Ausbildung
Ist nur die Schutzkleidung und Ausrüstung wichtig um einen sicheren Einsatzablauf zu gewährleisten?
Sicherlich nicht, selbstverständlich muss auch eine entsprechende (praktische!) Ausbildung absolviert werden. Aber wo und wie?
Realitätsnahe "heiße" Ausbildung
Schweden (seit 1988), Finnland, Niederlande (Erfahrungsbericht des BFV Oberbayern, FB 1, AK 1), USA, England und viele andere sind uns in der Beziehung einige Jahre voraus. Dort kann realitätsnah geübt werden - auch mit "echten" Feuern. In Deutschland übernehmen immer mehr Feuerwehren diese bewährten Konzepte. U. a. wurden bei den Feuerwehren Aachen, Düsseldorf, Dresden, Frankfurt/Main, Osnabrück, Mönchengladbach, an der LFS Baden Württemberg in Bruchsal und an der LFS der Freien und Hansestadt Hamburg Wärmegewöhnungsanlagen, Brandhäuser und/oder Rauchdurchzündungsanlagen in Betrieb genommen. Auch privatwirtschaftliche Unternehmen bieten diverse mobile oder stationäre Trainings an. Nur in solchen Einrichtungen können Feuerwehrmänner praxisorientiert ausgebildet werden. Eine solche Ausbildung ist natürlich eine gute Grundlage, schützt aber natürlich nicht vor allen Gefahren im späteren Einsatzdienst.
- "Hofballet"
- Einsatzübungen in realen Objekten unter Nullsicht (Nebel, verklebte Masken...)
- Einsatzübungen in gasbefeuerten Anlagen
- Einsatzübungen in holzbefeuerten Anlagen
- "Labormäßiger" Brandverlauf inkl. Rauchdurchzündung in Rauchdurchzündungsanlagen
- Selbstrettungsübungen (FO-Reflex) und Strahlrohrtechniken (Rauchkühlung) in Rauchdurchzündungsanlagen
Bildquellen: Mit freundlicher Genehmigung von rescue-tec (entstanden bei RISC Rotterdam) und Jan Südmersen (Bild unten links von einer f/o-Ausbilderschulung)
Mögliche Lernziele in der Heißausbildung (je nach Anlage)
Grundsätzlich muss man zwischen flashover-Training (z. B. Rauchdurchzündungsanlage Osnabrück), Realbrandausbildung (z. B. Brandhaus Düsseldorf) und Gasbrandausbildung (z. B. Mobile Feuerlöschübungsanlage) unterscheiden.
- Öffnen einer Brandraumtür
- Wie sieht schwarzes Feuer aus?
- Entrauchung
- Brandphasenverlauf
- Richtige Löschtaktik
- Leistungsfähigkeit der Schutzkleidung
- psychische und physische Belastungen
- Vorgehen unter realistischen Bedingungen
Ein großer Nutzen der Heißausbildung: Die Auszubildenden haben schon mal echte Nullsicht und Hitze erleben dürfen. Ich habe schon mehrfach von frischen Atemschutzgeräteträgern gehört, die im ersten Innenangriff durch verrußte Sichtscheiben Stress bekamen. Eine Heißausbildung führt dazu dass die FA ruhig bleiben und einfach mit einer Hand die Sichtscheibe freiwischen würden. Leute mit vorheriger Heißausbildung können im Gegensatz zu absoluten Frischlingen erahnen wie es im Innenangriff abgeht und werden nicht ins kalte Wasser geschupst!
Im Vorfeld sollte natürlich eine fundierte theoretische Ausbildung und praktisches Training mit den Geräten gewährleistet werden. Das Handling von PA, Schläuchen etc. muss bereits vorher trainiert werden (vgl. Realitätsnahe Ausbildung ohne Heißübungsanlagen). Für die Vorbereitung auf eine Heißausbildung sind F/O-Boxen (siehe rechtes Bild) und Rauchhäuser (systematisches Entrauchen von Gebäuden) interessant.
Probleme in der z. T. extremen Heißausbildung
Der Wunsch der Feuerwehren realitätsnah die Brandeinsätze zu üben, die insbesondere die neue Schutzkleidung der Feuerwehren im Einsatzfall ermöglichen, wird vom BUK begrüßt. Allerdings zeigt sich auch, dass sich dabei die Übenden oft erheblichen Gefährdungen insbesondere durch übermäßige Hitzebelastung und unnötig häufige spontane Abfolge von Extremsituationen (Nachzündungen - Flash-Over) ausgesetzt sehen. Die Fachgruppe Feuerwehren-Hilfeleistung hat deshalb ein Positionspapier erarbeitet, das sowohl technische als auch organisatorische und personenbezogene Hinweise für die Planung und den Betrieb von Übungseinrichtungen zur Brandbekämpfung enthält. Das Papier kann bei der Unfallkasse Baden Württemberg angefordert werden.
Realitätsnahe Ausbildung ohne Heißübungsanlagen
Nicht jede Feuerwehr hat die Möglichkeit Heißübungsanlagen zu nutzen. Insbesondere diese Wehren sollten zusehen in leerstehenden Gebäuden (am besten Abrissgebäude mit alten Einrichtungsgegenständen, Betten etc.) das Handling ihrer Geräte zu trainieren. Selbst in Atemschutzübungsstrecken kann von Ausbildern Stress erzeugt werden.
Von Übungsfeuern in Abrissgebäuden ist im Allgemeinen abzuraten. Hierzu lesen Sie bitte das Kapitel Unfälle in der Ausbildung und den Kommentar zu Übungsfeuern.
Nachfolgend finden Sie einige Vorschläge für ihre Übungen bzw. Ausbildungen. Sollten Sie noch interessante Vorschläge haben würde ich diese gerne an dieser Stelle veröffentlichen.
- Während der Löscharbeiten droht eine Person aus dem 2. OG oder vom Dach zu springen (Haus durch Kellerbrand verraucht), Vornahme tragbarer Leitern (evtl. vom Rettungstrupp unter nichtangeschlossenem PA, Personalmangel), Beruhigung von unten (z.B. GF mit Megaphon)
- Beim Öffnen einer Tür wird Feuer sichtbar (Propangasbrenner, VORSICHT!).
- Ein FA unter PA bricht zusammen, Crashrettung, evtl. über Treppen. (Nach Möglichkeit ist ein alter PA zu benutzen!).
- Ex- oder Einsturzgefahr, alle Trupps müssen den Keller "schnell" verlassen (bei Nullsicht, evtl. OP-Überschuhe vor die Maske)
- Trupp fehlt (keine Funkverbindung zur Atemschutzüberwachung), Rettungstrupp muss den Abschnitt der Verunglückten absuchen (ausgelöster Totmannwarner).
- Während einer Übung einfach mal einen FA kollabieren lassen (wichtig ist dass der kollabierte wirklich nicht mithilft!). Mal sehen wie der Truppkollege reagiert (Funkspruch: "mayday"). Solch eine Übung ist natürlich auch bei Gefahrgutübungen sehr interessant (steht eine Schleifkorbtrage oder eine DIN-Trage an der Absperrgrenze bereit? Ist eine Not-Dekon möglich)!
- Viele Trupps gleichzeitig vorgehen lassen -> Schlauchwirrwarr erzeugen.
- Kommunikation innen-außen trainieren: z.B. Abluftöffnung geschaffen? -> Lüfter ein!
- Stress durch Geräusche: Menschenrufe, Hilfeschreie, Lüfter, Pumpe, Martinhorn, Stroboblitzer, Totmannwarner, Rauchmelder, Technomusik, "bölkende" Ausbilder, Befehle per Megaphone, Böller zünden (VORSICHT!)...
- Stress durch verbauten Weg: Werkzeugkiste oder Hölzer in den Weg stellen/legen. Den Weg freiräumen lassen.
- Stress durch Schaulustige/Betroffene. Zerren an den FA, nörgeln rum, laufen mit in die Einsatzstelle, werfen Gegenstände (Bälle) aus oberen Stockwerken...
- Einsatz von Dummys (Übungspuppen mit reellen Größen/Gewichten)
- Mehrere Leute/Trupps mit Leinen gesichert durch die Strecke laufen lassen... Trupps von verschiedenen Seiten reingehen lassen -> Truppbegegnung mitten in der Strecke!
- Nullsicht durch OP-Überschuhe oder Anti-Sichtfolie (www.rescue-tec.de) auf Sichtscheibe der Maske -> besser als Verrauchung durch Nebelmaschinen, da die Übenden besser beobachtet werden können (evtl. Videoaufnahmen).
- Orientierungsverlust durch (Schwindelig-)Drehen bei Nullsicht, interessant für die Atemschutzübungsstrecke.
Unter www.feuerwehr-achmer.de finden Sie zwei Übungen (Übungen -> "3. November 2000" und "1. März 2002") die mit einfachen Mitteln durchaus realitätsnah gestaltet wurden.
Ebenso hat die FF Vockenhausen eine interessante, praxisbezogene Atemschutzausbildung durchgeführt. Dort ging es u. a. um den Umgang mit Hohlstrahlrohren. Auf der Seite von Ingo Horn (Rubrik "Feuerwehr") finden Sie einen kurzen Bericht über die Übung in drei Teilen.
Weitere Ideen für Übungen finden Sie auch in der Feuerwehrübungsdatenbank.