Beinaheunfälle im Jahr 2001

(4 Zwischenfälle)

Hinweis: in der Statistik sind auch Unfälle enthalten die bisher nicht veröffentlicht wurden. Daher kann es vorkommen, dass die Gesamtzahl der betroffenen FA die Summe der in den Berichten erwähnten übersteigt.


- Zimmerbrand - Problem mit Überdruckgerät

(ar) Korntal-Münchingen. Wir bekamen als Trupp der DLK den Auftrag, die Fenster der West- und Südfront abzufahren und ggf. Fenster zu öffnen, anschließend unter Mitnahme eines C-Rohres den Innenangriff zu unterstützen. Beim Übersteigen in ein Fenster an der Südseite (Bild: von der rechten DLK auf der Gebäuderückseite) verschob sich meine Maske etwas, konnte aber vermeintlich wieder korrigiert werden, da kein Abblasgeräusch wahrnehmbar war.

Brandobjekt Korntal In der ca. 120 m² großen Wohnung stießen wir auf den Angriffstrupp der Abt. Münchingen. Da diesem Trupp der Luftvorrat zu Neige ging, übernahmen wir dessen Rohr (unseres wurde von einem folgenden Trupp zur DLK zurückgenommen) und gingen weiter in den Brandraum vor.

Die Hitzeeinwirkung war trotz niederster Gangart relativ groß (Visiere am Helm defekt, taktische Zeichen z. T. abgelöst) auch von der Rauchentwicklung her war nahezu Nullsicht, Feuer war schwer zu erkennen. (Es stellte sich später heraus, daß durch das Abbrennen der Rollladengurte alles hermetisch verschlossen war und es zu einem klassischen Schwelbrand kam).

Unser heruntergefallenes HFG war ebenso wenig zu ertasten im Brandschutt, wie auch ein ablesen der Manometer nicht möglich war. (Wie oft liest man wirklich das Manometer ab, solange man beschäftigt ist, wenn man ehrlich zu sich selbst ist?).

"Gefühlsmäßig" waren wir noch nicht lange im Innenangriff, eine ASÜ (Atemschutzüberwachung) war nicht vorhanden.

Beim Erreichen des Brandraumes ertönte mein Restdruckwarner, gleichzeitig machte mich mein Truppmann durch ziehen am PA darauf aufmerksam.

Beim Rückzug wurde noch ein nachfolgender Trupp von mir in die Lage eingewiesen, dann begaben wir uns Richtung Wohnungsausgang. Plötzlich zog sich meine Maske ans Gesicht. Eiligst nahm ich Maske und Helm ab, und versuchte das Fenster, durch welches wir eingestiegen waren, mit möglichst wenig Atemzügen zu erreichen.

Durch die DLK wurden wir dann abgeholt und vom Rettungsdienst kurz durchgecheckt.

Ein Manometervergleich ergab, das der Truppmann noch 110 Bar zur Verfügung hatte (300 bar CFK Ein-Flaschen-Geräte). Die Zeit zwischen Ertönen der Restdruckwarnung und Ende des Luftvorrates war sehr kurz.

Wir hatten den Rückzug sofort beim Ertönen angetreten, die Lageeinweisung war der einzige, drei Sätze lang dauernde Stop.

Bemerkung in eigener Sache

Leider wurde dieser Vorfall damals in unserer Feuerwehr nicht publik gemacht und auch nicht aufgearbeitet.

Ich kann aus eigener Erfahrung nur an alle Atemschutzgeräteträger, insbesondere an die Führungskräfte darunter, appellieren, derartige Vorkommnisse ernst zu nehmen und entsprechendes Notfallmanagement zu üben.

Leider oder besser glücklicherweise(?), reicht bei der überwiegenden Anzahl der Einsätze unter PA die Flaschenfüllung reichlich aus, so dass eine scheinbare Routine entsteht (Vgl. Unfallbericht Köln: was ist "erfahren" in Bezug auf die Anzahl der Einsätze bzw. Dienstzeit im Verhältnis zur tatsächlich unter PA gearbeiteten Zeit?).

Internetseiten wie diese hier tragen in sehr guter Weise dazu bei, derartige Informationen und Erlebnisse breit zu streuen und anderen die Möglichkeit zu geben, sich durch richtige Einsatzvorbereitung davor zu bewahren.

Quelle:
Hans Jörg Stellmacher, OBM
Zugführer 2. Zug Abt. Korntal
FF Korntal-Münchingen

Bildquelle: Mit freundlicher Genehmigung von Alfred Drossel (Ludwigsburger Zeitung)

- Kühlhausbrand - Beinaheabsturz

(bl) Hamburg - Während des Kühlhausbrandes in Hamburg tastet sich ein Trupp vor und entgeht nur knapp einem Unglück: Als die vorgeschobene Axt keinen Boden mehr unter sich hat tastet der Truppführer mit den Händen und kniet nur wenige Zentimeter vor einem ungesicherten, etwa drei Meter breiten Fahrstuhlschacht.

Quelle: Feuerwehr-Magazin 9/01, Seiten 38-45

Oktober 2001 - Brand in landwirtschaftlichen Anwesen - Einsturz - Sicherheitstrupp aktiviert

(js) Wallenhorst (NI). Über eine nahezu rauchfreie Diele gingen zwei Trupps unter PA in das Dachgeschoss vor.

In der durchbiegenden Zwischendecke wurden Flammen entdeckt. Nach der Wassergabe bog sich die Zwischendecke weiter durch. Als sich die Trupps daraufhin zurückziehen wollten gaben ca. 50m² der Decke nach und fielen auf einen Angriffstrupp. Der andere Trupp hechtete aus einem Fenster im EG.

Nachdem sich der Truppführer wieder aufrappelte sah er brennende Trümmer, von seinem Truppmann war nichts zu sehen. Über Funk gab der Truppführer die Meldung "Blitz, Einsturz, Mann in Not, Rettungstrupp zur Haustür". Er fing an den brennenden Schutt auseinander zuziehen. Als der Sicherheitstrupp ankam (der in Bereitstellung stand) kam der vermisste Truppmann aus einem Nebenraum, in den er durch die Trümmer geschubst worden war und meldete sich Wohlauf.

Quelle: Jan Südmersen, FF Wallenhorst

- Dachstuhlbrand mit Durchzündungen

(ar) Braunschweig (NI). Um 22:26 Uhr ging in der FEL der BF die Meldung "Dachstuhlbrand" ein. Beim Eintreffen der zuständigen Ortsfeuerwehr und des Löschzuges der BF war der Vorplatz des Gebäudes bereits stark verraucht, der Rauch drang aus dem gesamten Dachbereich des etwa 700qm großen Gebäudes, offenes Feuer war zu diesem Zeitpunkt nicht zu sehen.

Ein Trupp der BF und ein Trupp der FF nahmen unter PA ein erstes C-Rohr im Innenangriff durch das Ladenlokal über eine Treppe ins 1.OG vor. Im Außenbereich wurde die DL in Stellung gebracht um eventuelle Rauchabzugsöffnungen in das Dach zu schneiden und um ein zweites C-Rohr im Außenangriff bereitzustellen.

Die Trupps im Innenangriff mussten trotz der nach Lüftungsmaßnahmen durch Fensteröffnung bzw. Einsatz des Hochleistungslüfters guten Sichtverhältnisse nach etwa 30min den Innenangriff wegen extremer Hitzeentwicklung im Dachbereich und mangelhaften Zugangsmöglichkeiten zum Brandherd abbrechen. Das Feuer musste bereits lange Zeit unentdeckt unter dem Dach geschwelt haben. Das im Dach eingelagerte Verkaufsgut bot den Flammen viel Nahrung. (Anm: Am Tage nach dem Brand berichteten Anwohner, dass sie bereits gegen 21.30h Brandgeruch wahrgenommen hatten, dessen Herkunft sie jedoch nicht feststellen konnten).

Um 23.32h wurde erneut versucht die Dachhaut zu öffnen, was jedoch wegen der immensen Rauch- und Hitzeentwicklung nicht gelang.

Um 00.30h brach das Feuer im Innenbereich durch die Decke und erfasste die Büros. Die Flammen fraßen sich ihren Weg kurz darauf auch durch die Nordseite des Daches nach draußen.

Um 1.15h zündete das Feuer mit mehreren heftigen flashovern im Dachbereich durch. Glücklicherweise befand sich zu diesem Zeitpunkt kein Feuerwehrangehöriger im unmittelbaren Gefahrenbereich, so dass es durch die Rauchgasdurchzündungen keine Verletzten gab. Abschließend ist zu bemerken, dass sich in diesem Fall das Fehlen einer RWA äußerst negativ auf den Brandverlauf und den Erfolg der Löscharbeiten ausgewirkt hat.

Rauchgasdurchzündung (sehr eindrucksvolles mpeg-Video, 7,5 MB)

Quelle: Feuerwehr Braunschweig

Anmerkungen:

Schutzkleidung

Die getragene Schutzkleidung der Ortsfeuerwehr Rühme (BF ähnlich) besteht aus der Überjacke "Niedersachsen", mehrlagige Überhose nach DIN EN 469 (privat beschafft!), Handschuhe nach DIN EN 659, DIN-Helm bzw. F-200 (wird zukünftig gegen F210 ausgetauscht, vgl. Unfälle durch Materialfehler ), eigenbeschaffte Notsignalgeber und zweilagige Feuerschutzhauben.

Erkennen der Gefahr

Die Anzeichen einer bevorstehenden Rauchdurchzündung wurden von den vorgehenden FA glücklicherweise rechtzeitig erkannt: Hitze, pulsierender Rauch hinter den geschlossenen Büro- und Lagerraumtüren und die thermische Aufbereitung des Rauches. Nur durch das rechtzeitige Erkennen der Gefahr kam bei diesem Brand niemand zu Schaden. Dieses Beispiel zeigt einmal mehr die Wichtigkeit einer flächendeckenden Ausbildung in der Thematik Rauchdurchzündung/Rauchexplosion. Die Kameraden der zuständigen Ortsfeuerwehr wurden glücklicherweise bereits mehrfach in "Erkennung und Vermeidung von Durchzündungen" und "SAR" (Suchen und Retten) ausgebildet.

Quelle: Detlef Maushake, Stadtpressewart FF Braunschweig